Der Fall Hunziker
Nazis im Betrieb dürften für fast jeden Arbeitgeber eine Horrorvorstellung sein. Dennoch darf sich ein Unternehmen nicht ohne weiteres von einem rechtsextremen Mitarbeiter trennen.
Zwei Jahre lang sorgte Leibwächter Federico für die Sicherheit von Michelle Hunziker. Man reiste und urlaubte zusammen, das Verhältnis war blendend. Bis die Fernseh-Moderatorin erfuhr, dass ihr Beschützer auf dem Oberarm ein White-Power-Tattoo – das Erkennungszeichen gewaltbereiter Neo-Nazis – trägt. Hunziker, nach eigenen Angaben „völlig geschockt“, entließ den Mann mit sofortiger Wirkung.
Aus Sicht der Moderatorin ein durchaus nachvollziehbarer Schritt. Denn zumindest in Deutschland verwirklicht die Zurschaustellung des vieler Nazi-Symbole – auch als Tattoo – einen Straftatbestand. „Wer sich, etwa bei einem Schwimmbadbesuch, mit einem Hakenkreuz-Tatto in der Öffentlichkeit erwischen lässt, kann bis zu drei Jahre ins Gefängnis gehen“, sagt Gregor Rose, Fachanwalt für Strafrecht aus München.
Nazis raus – das klappt nicht immer
Aus arbeitsrechtlicher Sicht hingegen sind die Dinge weniger eindeutig. „Zwar ist es in Deutschland undenkbar, am Arbeitsplatz nationalsozialistische Parolen zu verbreiten; wer es dennoch tut, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen“, sagt Tim Wißmann, Arbeitsrechtler bei Küttner Rechtsanwälte in Köln. Im konkreten Fall allerdings lägen die Dinge anders. „Das schlichte Tragen eines fragwürdigen, aber verdeckten Tattoos wird in aller Regel nach deutschem Arbeitsrecht nicht genügen, um eine solch drakonische Maßnahme zu rechtfertigen. Denn die Außenwelt bekommt von der Gesinnung des tätowierten Kollegen ja erst einmal nichts mit.
Anders wäre es, wenn das Tattoo sichtbar ist und beispielsweise Darstellungen verbotener NS-Zeichen enthält und es damit strafrechtlich relevant wird“.
Wenn ein Mitarbeiter die Tätowierung unter der Kleidung trage, so dass sie für Kollegen und Kunden nicht zu sehen sei, fehle häufig der für eine Kündigung erforderliche Bezug zum Arbeitsverhältnis. „Und selbst wenn, wie im Fall Hunziker, eine Situation eintritt, in der das Tattoo ausnahmsweise sichtbar wird – etwa bei einem Betriebsausflug an den Baggersee – müsste der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter wohl erst abmahnen und ihm die Möglichkeit einräumen, die Tätowierung zu entfernen“, so Wißmann.
Kleinunternehmer sind klar im Vorteil
Dennoch muss Michele Hunziker wohl nicht befürchten, dass sich Federico auf seinen Posten zurückklagt. Da davon auszugehen ist, dass die Moderatorin nicht mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt, ist das deutsche Kündigungsschutzgesetz für sie nicht bindend. Sie könnte Federico jederzeit – auch ohne Grund – zumindest ordentlich kündigen.
Und selbst für eine fristlose Kündigung sieht Anwalt Wißmann in der konkreten Konstellation durchaus einen Grund: „Da Frau Hunziker in der Öffentlichkeit steht, ist es ihrem Ansehen alles andere als zuträglich, wenn sie einen Mitarbeiter behält, der im Verdacht steht, nationalsozialistischen Ideen anzuhängen“ so der Experte. „Um diesen Imageschaden abzuwenden, ist auch eine fristlose Kündigung denkbar.“
Der Fall Hunziker: Darf der Chef wegen eines Nazi-Tattoos kündigen? – weiter lesen auf FOCUS Online